Ebru Kunst
Ebru Malerei - Marmorieren - Die Marmorier-Kunst
Ebru bezeichnet die türkische Kunst, Papier in einem Farbbad zu marmorieren. Es ist eine ganz besondere Färbetechnik.
Der Begriff Ebru Malerei umfasst auch die End-Produkte, das Marmorpapier oder auch türkisches Papier.
Man vermutet, dass der Ursprung des Wortes im Cagatai (mongolisches Teilreich) liegt und von Ebre im Persischen zu Ebrî und schließlich beim Übergang in den osmanischen Kulturkreis zu Ebru gewandelt wurde.
Geschichte des Papier Marmomierens
Die Herstellung von handgemachtem Marmorpapier war in Japan bereits um das Jahr 1000 bekannt. Die Türken, so wird vermutet, haben die Kunst in Zentralasien von den Chinesen kennengelernt.
Da Ebrus in der Vergangenheit eher selten signiert oder datiert wurden, ist es nahezu unmöglich, die Geschichte des Ebru in Form einer Chronologie nachzuvollziehen.
Obwohl sich zahlreiche Beispiele als Vorsatzpapier in handgebundenen Büchern finden, ist es unzulässig, die Ebrus anhand der Bücher zu datieren, da sie auch bei späteren Reparaturen eingefügt worden sein könnten.
Von den wenigen signierten Beispielen findet sich das älteste in Arifis Gȗy-i Çevgân (heute im Topkapi Sarayi), mit einer Datierung auf 1539.
In dasselbe Jahr datieren Ebrus in einer Abschrift der Dichtung des Mîr Ali von Herath (in der Istanbul Universitätsbibliothek).
Unter die wenigen weiteren datierten Exemplare gehören auch solche mit der Dichtung von Mâlîkî Deylemî und solche in einer Kopie von Fuzulîs Hadîkat-üs-Süedâ datiert 1554 (beide in der privaten Sammlung von Ugur Derman).
Die ersten drei Gruppen sind nicht mit dem Namen des Künstlers versehen, doch für die Beispiele in Fuzulîs Dichtung lässt sich der Urheber feststellen: auf dem Titelblatt des Buches findet sich eine Künstlerzuschreibung „Ma Şebek Ebrîsi“ (Mit Şebeks Ebru), und auf der Schlußseite die Datierung „… Sene 1004“ (im Jahr 1004 nach Hidschra, also 1596 n.Chr.); der Künstler ist auch bekannt aus dem Tertib-i Risâle-i Ebri, einer bedeutenden historischen Quelle zur Marmoriertechnik und zu Meistern des Ebru.
Die weitere Entwicklung der Kunst ist in Form einiger weniger Meister fassbar, die jeweils Neuerungen eingeführt haben.
Nach Hatip Mehmet Efendi benannt ist das Hatip Ebru, eine Marmorierungsform mit konzentrischen Kreisen, die von manchen Gelehrten als Vorstufe der floralen Ebrus angesehen wird.
Wiederbelebt wurde das Ebru im 19. Jh. von Sheikh Sadık Efendi, der die Kunst an ihrem vermuteten Ursprungsort Buchara studierte, und seinen Söhnen İbrahim Ethem Efendi und Nafiz Efendi; deren Söhne Hattat Sami Efendi und Hattat Aziz Efendi trugen ihr Erbe ins 20. Jh.
Der bedeutendste Ebru Künstler des 20. Jhs. ist Necmettin Okyay, der einen besonderen Einfluß auf das nach ihm auch „Necmettin Ebru“ benannte florale Ebru ausübte. In seinem Neffen und Schüler Mustafa Esad Düzgünman erreichte das türkische Ebru technisch und ästhetisch seinen Höhepunkt. Düzgünman lehrte knapp 40 Jahre bis zu seinem Tod im Jahre 1990 und bemühte sich so um den Erhalt der Tradition.
Materialien und Herstellung - Ebru Kunst & Marmorieren
Zur Herstellung des türkischen Marmorpapiers wird ein flaches Becken mit einer gallertartigen Lösung, der sog. Schlichte gefüllt. Diese besteht aus Wasser und einem Zusatz, der die Verteilung der Pigmente auf der Oberfläche sowie die Haftung auf dem Papier ermöglicht.
Necmeddin Okyay soll in Versuchen die besten Ergebnisse mit Orchideenwurzel erzielt haben. Trotzdem bevorzugte er aber das günstigere Tragantgummi, das auch in den meisten Fällen verwendet wird.
Auf diese Schlichte werden mit Hilfe eines traditionell selbst gebundenen Pinsels aus Pferdehaar säure- und kaseinfreie Farben aufgetropft. Diese werden aus einer Mischung natürlicher Pigmente, Wasser und Ochsengalle gemischt. Letztere mindert die Oberflächenspannung der Farbe und erlaubt ein Ausbreiten der Pigmente auf der Schlichte.
Da sich die Farben aufgrund der Beschaffenheit der Schlichte nicht mit dieser vermischen, können sie nun mit verschiedenen Werkzeugen, etwa Nadeln in verschiedenen Stärken, Kämmen, etc. in die gewünschten Muster gebracht werden. Beim Auflegen des Papieres auf die Schlichte haftet die Farbe am Papier.
Der Stil beim Ebru-Marmorieren
Die verschiedenen Stile im Ebru definieren sich durch die jeweils verwendete Technik sowie die so entstehenden Muster.
Man unterscheidet folgende Ebru-Stile:
Battal Ebru
ist das grundlegende Muster, mit dem jede Form des Ebru (mit Ausnahme des Kumlu Ebru) beginnt. Um den Marmoreffekt zu erzielen, werden die Farben auf die Oberfläche getropft, wo sie sich auf natürliche Weise ausbreiten. Battal Ebrus werden für Kalligraphien, zur Rahmung oder als Vorsatzseiten verwendet.
Gel-Git Ebru
entsteht aus einem Battal Ebru durch den Einsatz einer Nadel, um Muster zu zeichnen.
Şal Ebru
ist eine Abwandlung des Gel-Git Ebru, bei dem die Muster dem Zufall geschuldet sind.
Bülbül Yuvası
entsteht für gewöhnlich aus dem Battal Ebru durch von außen nach innen laufende Spiralen. Das Bülbül Yuvası (Nachtigallen Nest)wird zur Rahmung verwendet, je nach Größe des Randes werden 5 oder 4 Spiralen mit gleich weit voneinander entfernten Zentren nebeneinander gesetzt.
Taraklı Ebru
entsteht auf Grundlage eines Gel-Git Ebru, indem ein Kamm (tarak) in einer einzigen gleitenden Bewegung lotrecht zur Ausrichtung des letzten Musters über die Oberfläche gezogen wird.
Taraklı Şal Ebru
ist eine Mischung aus den beiden oben dargestellten Formen, die durch Kämmung einer Şal Basis entsteht.
Hafif Ebru
ist eine Form des Şal Ebru, dass sich durch leichtere (hafif) Farben auszeichnet; diese werden durch eine größere Menge an Wasser und Ochsengalle erzielt. Hafif Ebrus werden häufig für Kalligraphien verwendet.
Neftli Battal Ebru
werden aus Battal Ebrus hergestellt, indem Terpentin in die letzte Farbe gemischt wird. Hierdurch ergeben sich die charakteristischen „leeren“ Flecken. Neftli Battal Ebrus werden zur Rahmung und als Vorsatzseiten verwendet.
Hatip Ebru
wird aus dem Battal Ebru durch Auftropfen gleichweit voneinander entfernter Punkte gleicher Farbe entwickelt, in die dann wieder eine zweite, dritte etc. Farbe eingebracht wird; auf diese Weise können verschiedene Figuren hergestellt werden, etwa yürek (Herz), taraklı yürek (gekämmtes Herz), cark-i felek (Rad des Schicksals), yonca (Klee), yıldız (Stern), etc. Hatip Ebrus werden zur Rahmung und als Vorsatzseiten verwendet.
Çiçek Ebru
ist nach seinen Blumenmotiven benannt (çiçek – Blume). Üblicherweise beginnt man auf einem Battal Ebru mit grüner Farbe, die mit einer Nadel zu Stiel und Blätter geformt wird. Die Farbe der Blüten wird ans Ende des Stiels getropft und mit Nadeln in Blütenform gebracht. Zwei identische Blumen zieren Vorsatzseiten. Necmeddin Okyay und Mustafa Düzgünman sind die Namen, die am meisten mit dem Çiçek Ebru verbunden sind, von ihnen stammen wunderbare Tulpen, Gänseblümchen, Mohnblumen, Nelken, Veilchen und Hyazinthen.
Yazılı Ebru
ist Ebru mit Kalligraphie. Mit Gummiarabicum wird die Schrift (Kalligraphie ist eine eigene, Hat genannte Kunstform) auf dem zu marmorierenden Papier aufgebracht, diese Stellen bleiben bei der Marmorierung von der Farbe unberührt. Eine weitere Technik, die sich v.a. für diejenigen anbietet, die die Kunst des Hat nicht beherrschen, ist, für das Schriftbild mit Abdrücken zu arbeiten. Erfinder der Technik ist Necmeddin Okyay, der zunächst die Schrift auf einem separaten Papier aufbrachte, die Buchstaben ausschnitt und mit Gummiarabicum auf das zu marmorierende Papier klebte, wobei er bemerkte, dass das Gummiarabicum alleine das Papier für die Farbe unempfänglich machte.
Kumlu Ebru
entsteht, wenn die klebrige Lösung, in der marmoriert wird, an Qualität zu verlieren beginnt; eine Farbmischung, die gewöhnlich aus Lahore Indigo mit Wasser und Ochsengalle besteht, wird an einem oder mehreren festen Punkten am Rand oder im Zentrum des Bottichs solange aufgetropft, bis sich die ganze Oberfläche mit Farbe gefüllt hat. Die Risse, die sich bilden, ähneln der Struktur von Sand, daher der Name Kumlu Ebru (Kum – Sand); bilden sich V-förmige Strukturen, so spricht man auch von Kilcikli Ebru (Kilcik – Fischgräte).
Akkase Ebru
Bezeichnet ein Ebru, das für Randung und Mittelteil mit Schrift eine andere Farbe aufweist. Stellen, die nicht marmoriert werden sollen, werden wie beim Yazılı Ebru vor dem Marmorieren beklebt oder gleich mit Gummiarabicum in der gewünschten Form bestrichen. Häufig finden Sie auch als Hintergrund der Schrift ein Hafif Ebru, als Rahmen ein Ebru mit kräftigeren Farben; in diesem Fall wird zuerst das Hafif Ebru hergestellt, auf diesem dann der für die Schrift vorgesehene Teil mit Gummiarabicum präpariert und schließlich in einem zweiten Marmoriervorgang mit kräftigeren Farben der Rahmen erstellt.
Zerefşanlı Ebru und Altınlı Ebru
ist kein Ebru Stil im eigentlichen Sinne. Auf Ebrus, die als Schmuck von Büchern, Miniaturen oder Bildern dienen, wird zerriebenes Blattgold aufgebracht bzw. im Falle des Altınlı Ebru bereits der Farbmischung beim Marmorieren hinzugegeben.
Modernes Ebru - Marmoriertechnik & Kunst
Das klassische Ebru hat, v.a. in der Türkei, vom 18.Jh. bis in die Anfänge des 20.Jhs. hinein eine Blütezeit erlebt. Bereits im 18.Jh. begann man, der steigenden Nachfrage mit maschinell hergestellten Ebrus zu begegnen, die jedoch weit hinter den handgefertigten, klassischen Ebrus zurückblieben.
Weiter weg vom klassischen Ebru führten Art-nouveau Vertreter wie Koloman Moser und Joseph Hoffman die Kunst mit figürlichen Darstellungen wie Fisch und Vogel oder abstrakten Motiven.
Unter dem Einfluss solcher und ähnlicher Entwicklungen hat sich das Ebru seit dem letzten Viertel des 20.Jh. immer weiter von seinen klassischen Ursprüngen fortentwickelt. Andere Farben und andere Techniken hielten Einzug in die Kunst.
Einer der wichtigsten Vertreter des modernen Ebru ist der Amerikaner Christopher Weimann.
Von seiner Marmoriertechnik und seinen Materialien beeinflusst zeigen sich in der Türkei Künstler wie Nedim Sönmez, Feridun Özgören, Hikmet Barutçugil, Ahmet Saral, Köksal Çiftçi, Ahmet Çoktan, Peyami Gürel, und Ali İsmail Türemen.
Charakteristisch für das moderne Ebru ist die Symbiose mit dem Bild. Auch hier haben sich verschiedene Gestaltungsformen herausgebildet, die sich in der unterschiedlichen Durchdringung von Bild und Ebru sowie im Stil (figürlich, abstrakt, naiv) unterscheiden.
Dieser Artikel wurde erstellt mit freundlicher Unterstützung der BIKSAD (Bilim, Kültür ve Sanat Derneği - Stiftung für Wissenschaft, Kultur und Kunst); Informationen zum Thema und insbesondere die im Artikel verwendeten Abbildungen unter www.turkislamsanatlari.com .
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